über die Entkörperlichung des Authentischen
gefördert durch ein Stipendium der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur
© friedhelm rettig | lunisolar
Gleich mit ihrer Entstehung hatte die Fotografie den Duktus, die Realität objektiv und unbestechlich abzubilden. Doch längst ist klar, dass sie subjektiv und manipulierend ist.
Die persönliche Wahrnehmung, beeinflusst von fotografischen Filtern und Apps aus den „Sozialen Medien“, wird immer mehr zu einer eingebildeten Objektivität, die bis zur Ablehnung des nicht von Algorithmen und KIs dem Mainstream-Schönheitsideal angepassten Spiegelbildes führen kann. Einer sogenannten Selfie-Dysmorphie. Doch die persönliche Entfremdung macht nicht bei unseren Gesichtern halt. In der Fotografie wird unterdessen jedes Detail des menschlichen Körpers optimiert und so ein Bedarf für die Beauty-Industrie geschaffen. Heraus kommen massenkompatible Geschöpfe, die einem von KIs berechneten, unrealistischen Ideal entsprechen, das häufig auch noch rassistische und sexistische Stereotype bedient. Das zeigt aktuell die Kontroverse um die Foto-App Lensa. Und das obwohl auf der anderen Seite die Authentizität propagiert wird.
Mit dieser Destruktion des Individuellen setze ich mich in meiner Arbeit auseinander und konterkariere ganz bewusst die klassische, scharf abbildende Fotografie.
Im ersten Schritt habe ich konventionelle Aktfotografien angefertigt, die jedoch nicht gezeigt werden. Die nur in Potentia existierenden Fotos, ziehen sich quasi als juckender Schorf durch die Phantasie der Betrachter*innen. Mit der Auflösung der schlichten Aktaufnahmen in der Unschärfe, verlasse ich im nächsten Schritt die Ebene der realistischen Abbildung.
Die fertigen Montagen erinnern an Schlachtkörper von Grillhähnchen. Auf der anderen Seite haben die auratischen Porträts eine Anmutung, die an Wesen aus den antiken Mythologien denken lassen, an Aphrodite und Minotauros.